Die 300-Euro-Energiepreispauschale und die Auszahlung in der Praxis

von Administrator (Kommentare: 0)

Im Steuerentlastungsgesetz 2022 befindet sich auch die Energiepreispauschale, die die enormen Belastungen aufgrund gestiegener Energiepreise abmildern soll. Sie ist in den §§ 112 bis 122 EStG verankert, beträgt einmalig für jede anspruchsberechtigte Person 300 Euro und wird für den Veranlagungszeitraum 2022 gewährt.

Energiepreispauschale von 300 Euro im September 2022

Zur Abmilderung der Belastungen aufgrund gestiegener Energiepreise wurde eine Energiepreispauschale beschlossen und in den §§ 112 bis 122 EStG verankert.Die Pauscha le beträgt einmalig für jede anspruchsberechtigte Person 300 Euro und wird für den Veranlagungszeitraum 2022 gewährt.

Grundsätzlich wird die Energiepreispauschale zwar durch das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung ausgezahlt, Arbeitgeber müssen diese jedoch regelmäßig selbst ihren Arbeitnehmern zukommen lassen, weshalb sie sich mit den jeweiligen Regelungen auskennen sollten.

Anspruchsberechtigte Personen

Anspruch auf die Energiepreispauschale haben zunächst alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG. Personen- und Kapitalgesellschaften profitieren damit nicht. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Personen 2022 Einkünfte aus einer der folgenden Einkunftsarten erzielen:

  1. § 13 EStG – Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
  2. § 15 EStG – Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  3. § 18 EStG – Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
  4. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG – Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, wobei nur die aktive Beschäftigung (Vollzeit, Teilzeit, Aushilfen und pauschal besteuerte Minijobber) begünstigt ist.

Wichtig | Somit steht die Energiepreispauschale Personen nicht zu, die nur beschränkt steuerpflichtig sind. Leer gehen auch Personen aus, die nicht über eine der genannten Einkünfte verfügen. Das sind z. B. regelmäßig

  • Rentner und Pensionäre,
  • reine Vermieter und Vermögensverwalter,
  • Schüler und Studierende sowie
  • Arbeitslose.

TIPP | Begünstigt sind aber Rentner, Studierende usw., die (kurzfristig) einen Minijob ausüben oder (nebenbei) Gewinneinkünfte i. S. v. § 13, 15 oder 18 EStG erzielen. Auf die Höhe der Einkünfte und die Dauer der Beschäftigung bzw. Tätigkeit kommt es nicht an. Auch ein Minijob an nur einem Tag oder eine kurzzeitige gewerbliche Betätigung reicht aus. Selbst die Beteiligung an gewerblichen Einkünften (z. B. Beteiligung an einer gewerblich oder freiberuflich tätigen Personengesellschaft) oder der Betrieb einer Fotovoltaikanlage würde für den Anspruch auf die Pauschale genügen.

Da die Energiepreispauschale am 01.09.2022 entsteht (§ 114 EStG), könnte die Auffassung vertreten werden, dass die anspruchsberechtigte Person am 01.09.2022 eine der begünstigten Einkünfte erzielen muss. Dem ist nicht so. Es muss strikt zwischen der Anspruchsberechtigung, der Entstehung und der Auszahlung unterschieden werden. Da § 113 EStG (Anspruchsberechtigung) lediglich vorsieht, dass im Veranlagungszeitraum 2022 begünstigte Einkünfte erzielt werden, kommt es auf den 01.09.2022 (Entstehung) nicht an. Auch ein Schüler, der z. B. erst am 01.12.2022 mit einer Ausbildung beginnt (Einkünfte § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG), hat Anspruch auf die Energiepreispauschale.

Auszahlung der Energiepreispauschale

Grundsätzlich wird die Energiepreispauschale mit der Einkommensteuer für das Veranlagungsjahr 2022 festgesetzt (§ 115 Abs. 1 EStG) und auf die Einkommensteuer des Jahres 2022 angerechnet (§ 116 Abs. 1 EStG). In Höhe der Energiepreispauschale mindert sich damit die Nachzahlung zur Einkommensteuer. Ergibt sich ein Anrechnungsüberhang, wird dieser ausgezahlt (§ 116 Abs. 2 EStG). Dabei muss die Energiepreispauschale nicht gesondert beim Finanzamt beantragt werden.

Grundsatz: Auszahlung im Veranlagungsverfahren

Die Energiepreispauschale wird bereits von Amts wegen berücksichtigt, sobald für das Jahr 2022 eine Einkommensteuererklärung eingereicht wird und die Anspruchsvoraussetzungen (begünstigte Einkunftsart) vorliegen. Dieses Verfahren zur Festsetzung und Auszahlung der Energiepreispauschale würde jedoch das Ziel der Pauschale – schnell und effektiv die Bürger zu unterstützen – verfehlen. Denn die Auszahlung würde erst mit Start des Veranlagungsverfahrens für 2023 und damit voraussichtlich im Frühjahr 2023 beginnen. Deshalb handelt es sich bei der Auszahlung der Energiepreispauschale im Rahmen der Steuerfestsetzung um die absolute Ausnahme.

In den allermeisten Fällen wird die Pauschale schon viel früher den jeweiligen Empfänger erreichen. Durch Auszahlung durch den Arbeitgeber (§ 117 EStG) bzw. Minderung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen (§ 118 EStG).

Auszahlung durch den Arbeitgeber (§ 117 EStG)

Abweichend von dem Grundsatz wird Arbeitnehmern die Energiepreispauschale bereits von ihrem Arbeitgeber ausgezahlt, wenn sie am 01.09.2022 

  1. in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen,
  2. in eine der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind und
  3. der Arbeitgeber monatlich, quartalsweise oder jährlich Lohnsteueranmeldungen abgibt.

Das Abstellen auf die Steuerklasse ist dabei erforderlich, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer die Energiepreispauschale nicht doppelt erhalten. Da die Auszahlung immer nur im Rahmen des ersten gegenwärtigen Dienstverhältnisses mit einer der Steuerklassen 1 bis 5 erfolgt und die Steuerklasse 6 nicht begünstigt ist, erhalten Arbeitnehmer mit mehreren Dienstverhältnissen nur eine Pauschale. Zudem ist das Abstellen auf den 01.09.2022 für Arbeitgeber von großer Bedeutung. Stellen Arbeitgeber erst nach dem 01.09.2022 einen Arbeitnehmer ein, hat der Arbeitgeber diesem Arbeitnehmer keine Energiepreispauschale auszuzahlen. Der Arbeitnehmer selbst kann sich dann über die Einkommensteuererklärung die Pauschale holen.

Hintergrund | Der neue Arbeitgeber weiß nicht, ob der Arbeitnehmer bereits am 01.09.2022 zu einem anderen Arbeitgeber in einem Dienstverhältnis stand und ihm von seinem früheren Arbeitgeber die Pauschale ausgezahlt wurde. Das gleiche gilt, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor dem 01.09.2022 aufgelöst wurde. Arbeitgeber müssen für die Auszahlung der Energiepreispauschale immer auf genau diejenigen Arbeitnehmer abstellen, die exakt am 01.09.2022 bei ihnen beschäftigt sind.

PRAXISTIPPS |

„ Minijobber gehören nicht zu den Steuerklassen 1 bis 5. Arbeitgeber haben Minijobbern dennoch die Energiepreispauschale frühzeitig durch den Arbeitslohn auszuzahlen, wenn diese dem Arbeitgeber schriftlich bestätigen, dass es sich bei dem Minijob um ihr erstes Dienstverhältnis handelt. Dadurch soll ebenfalls vermieden werden, dass Minijobber sowohl eine Energiepreispauschale von einem Arbeitgeber erhalten, bei dem sie in einer der Steuerklassen 1 bis 5 eingereiht sind, und zusätzlich von einem Arbeitgeber, bei dem sie als Minijobber beschäftigt sind (Nebenjob).

  •  Beschäftigt der Arbeitgeber jedoch nur Minijobber, gibt dieser keine Lohnsteueranmeldungen
  1. Dann kann er auch keine Energiepreispauschale an den Minijobber auszahlen. Der Minijobber muss sich die Pauschale dann über seine Einkommensteuererklärung holen.

Zeitpunkt der Auszahlung und Steuerpflicht

Erfolgt die Auszahlung der Energiepreispauschale durch den Arbeitgeber, fließt diese dem Arbeitnehmer bereits im September 2022 zu. Der Arbeitgeber hat dazu die Pauschale von 300 Euro auf den regulären Lohn des Arbeitnehmers aufzuschlagen. Dabei muss der Arbeitgeber beachten, dass die Pauschale kraft gesetzlicher Fiktion (§ 119 Abs. 1 EStG) eine Einnahme im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt. Deshalb unterliegt sie der Besteuerung (inkl. Kirchensteuer und Soli), nicht jedoch den Sozialabgaben (kein Arbeitsentgelt).

Sie wird daher auch nicht bei der Ermittlung der Vorsorgepauschale nach § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a) bis c) EStG berücksichtigt. Der Arbeitnehmer erhält die Pauschale von 300 Euro also nur brutto. Die Nettoauszahlung hängt von den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen ab. Liegt das Einkommen des Arbeitnehmers oberhalb des Grundfreibetrags, erhält er demnach je nach Höhe des Einkommens lediglich 55 bis 86 Prozent der Energiepreispauschale ausgezahlt.

PRAXISTIPP | Bei nach § 40a EStG pauschal besteuerten Minijobbern gilt diese gesetzliche Fiktion zur Steuerpflicht nicht (§ 119 Abs. 1 S. 2 EStG). Minijobber erhalten die Energiepreispauschale deshalb ohne Abzüge „brutto wie netto“. Die Pauschale wird auch nicht auf die 450-Euro-Grenze angerechnet.

Umsetzung für Arbeitgeber

Auch wenn die Arbeitgeber die Energiepreispauschale auszahlen müssen, werden sie dadurch – mit Ausnahme des administrativen Aufwands – nicht zusätzlich belastet. Die Arbeitgeber haben gemäß § 117 Abs. 2 EStG die Energiepreispauschale nämlich gesondert dem Gesamtbetrag der einzubehaltenden und abzuführenden Lohnsteuer zu entnehmen:

  1. Monatszahler (§ 41a Abs. 2 S. 1 EStG) entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.09.2022 anzumelden und abzuführen ist.
  1. Quartalszahler (§ 41a Abs. 2 S. 2 Halbs. 1 EStG) entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.10.2022 anzumelden und abzuführen ist.
  1. Jahreszahler (§ 41a Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 EStG) entnehmen die Energiepreispauschale der Lohnsteuer, die bis zum 10.01.2023 anzumelden und abzuführen ist.

Wichtig | Sollte die vom Arbeitgeber insgesamt zu gewährende Energiepreispauschale den Betrag, der von ihm insgesamt an Lohnsteuer abzuführen ist, übersteigen, so wird der übersteigende Betrag dem Arbeitgeber vom Finanzamt ersetzt. Der Arbeitgeber erhält also in Höhe der Differenz eine Erstattung. Der Vorgang ähnelt der Umsatzsteuer. Die Energiepreispauschale mindert als „Vorsteuer“ die eigentlich zu zahlende Lohnsteuer.

PRAXISTIPP | Einigen Arbeitgebern gestattet das EStG bei Auszahlung der Energiepreispauschale Vereinfachungen (§ 117 Abs. 3 EStG):

  1. Quartalszahler müssen die Energiepreispauschale nicht zwingend im September auszahlen. Sie dürfen sie auch erst im Oktober 2022 auszahlen und gewinnen so etwas mehr Zeit.
  1. Jahreszahler können komplett auf die Auszahlung der Energiepreispauschale verzichten. Die Arbeitnehmer erhalten die Pauschale dann im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung.
  1. Arbeitgeber, die keine Lohnsteueranmeldungen abzugeben haben (z. B. ausschließliche Beschäftigung von Minijobbern), haben den bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmern nie eine Energiepreispauschale auszuzahlen. Hintergrund: Mangels Lohnsteueranmeldung würde das Erstattungsverfahren ins Leere laufen.

Großbuchstabe „E“ auf der Lohnsteuerbescheinigung

Haben Arbeitgeber die Pauschale an ihre Arbeitnehmer gezahlt, müssen sie eine weitere Besonderheit beachten. Sie haben gemäß § 117 Abs. 4 EStG in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung den Großbuchstaben „E“ anzugeben. Damit soll vermutlich sichergestellt werden, dass Arbeitnehmern mit nebenberuflichen Gewinneinkünften die Energiepreispauschale nicht doppelt gewährt wird. Durch das „E“ wird der Finanzbeamte bei Bearbeitung der Einkommensteuererklärung darauf aufmerksam gemacht, dass die Pauschale schon gezahlt wurde und er nicht nochmals eine Pauschale festzusetzen hat.

Exkurs: Wann erhalten Arbeitgeber Energiepreispauschale?

Auch der Arbeitgeber hat Anspruch auf die Energiepreispauschale, wenn er unbeschränkt steuerpflichtig ist und Gewinneinkünfte (§§ 13, 15, 18 EStG) erzielt. Er erhält die Energiepreispauschale zwar grundsätzlich über die Festsetzung der Einkommensteuer, kann jedoch auch schon früher profitieren.
Wurde für die Gewinneinkünfte nämlich zum 10.09.2022 eine Einkommensteuer-Vorauszahlung festgesetzt, so wird diese um die Energiepreispauschale
von 300 Euro gemindert (§ 118 EStG). Die Minderung erfolgt dabei entweder durch Änderung des Vorauszahlungsbescheids oder durch Erlass einer
Allgemeinverfügung. Dabei stellt die Pauschale auch für Arbeitgeber eine steuerpflichtige Einnahme dar. Es handelt sich um sonstige Einkünfte (§ 119
Abs. 2 EStG). Die Freigrenze von 256 Euro ist nicht anzuwenden, sodass sich in voller Höhe eine Besteuerung zum individuellen Grenzsteuersatz ergibt.

Wichtig | Sollte sich die Vorauszahlung zum 10.09.2022 auf einen geringeren Betrag als 300 Euro belaufen, erfolgt die Minderung lediglich bis auf null Euro. Der Überhang wird erst bei der Steuerfestsetzung für 2022 berücksichtigt.

 

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